Anker der Eintracht

Sie sind ein besonderer Brückenschlag zwischen den Konfessionen ? und in diesem Jahr sind sie blau: zwei identische Osterkerzen. Mit beiden war der Hannoveraner Propst Martin Tenge in die evangelisch-lutherische Marktkirche gefahren ? und eine davon hat er an Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann und Marktkirchen-Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann übergeben.

Die ökumenische Verbundenheit, die in dieser Geste zu Ausdruck kommt, hat Tradition. Als ich vor zehn Jahren nach Hannover gekommen bin, war mein Gedanke, dass es zwischen den beiden Hauptkirchen unserer Konfessionen, der Marktkirche und der Basilika St. Clemens, ein deutliches ökumenisches Zeichen geben sollte.

Das geschwisterliche Miteinander wird stets auch in der Gestaltung der beiden Kerzen deutlich. Hatten sie im letzten Jahr noch einen Bezug zum Jubiläum der Reformation, steht in diesem Jahr die 300-Jahr-Feier der Basilika St. Clemens im Fokus. Die Farbe des Jubiläums ist blau und so hat die Duderstädter Künstlerin Susanne Bednorz hat das Kreuz auf der weißen Kerze in unterschiedlichen Blautönen gestaltet: als Zeichen für das Wasser. Um die Kerze windet sich eine dünne Kette, an der ein Anker als Zeichen der Eintracht hängt. Aus dem geeigneten Winkel betrachtet, fügen sich die Bildelemente beider Kerzen zu einer Einheit.

Der Anker ist zudem das Attribut des heiligen Clemens. Clemens von Rom, je nach Zählung der zweite oder dritte Nachfolger des heiligen Petrus als Bischof von Rom, hat der berlieferung nach im Jahr 99 am Schwarzen Meer den Märtyrertod erlitten. Er wurde den Mächtigen auf der Krim zu gefährlich und sie ließen Clemens mit einem Anker um den Hals im Wasser ertränken. Am Meeresboden sei dann eine Kapelle entstanden, in dem seine Gebeine aufbewahrt würden.

Einmal im Jahr, heißt es weiter in der Legende, habe sich das Meer auf wundersame Weise geteilt und den Pilgern einen Weg zum Grabkirche ermöglicht. Bei einer dieser Wallfahrten sei junges Mädchen zurückgeblieben. Doch die Pilger, die im folgenden Jahr wieder zur erneut zugänglichen Kapelle aufbrachen, haben das Mädchen lebend und unversehrt gefunden.

So ist der Anker, nicht nur, aber auch durch den heiligen Clemens, zu einem Zeichen der Hoffnung geworden, erläutert Propst Tenge: Im Glauben verwurzelt ist für Gott immer noch etwas möglich.

Erstmals werden beide Kerzen in der Osternacht entzündet. Wenn sich jetzt auch die Wege des Paares trennt: Einmal werden sie in diesem Jahr wieder zusammenkommen zum Hochfest Fronleichnam am 31. Mai. Dann werden sie vor oder bei schlechtem Wetter erneut in der Marktkirche zusammen auf einem Altar stehen.

 

Rüdiger Wala