Blumen und Steine

Gedenken an die Reichspogromnacht ? Holocaust-berlebender zu Gast in der Propstei

In Stille haben heute, am 73. Jahrestag der Reichspogromnacht, Propst Martin Tenge sowie Ewald Wirth und Horst Vorderwülbecke vom Vorstand des Dekanatspastoralrates der Opfer des Holocausts gedacht. Auf dem jüdischen Friedhof an der Strangriede legten die Teilnehmer nach jüdischem Brauch Steine auf einer Stele ab. Anschließend legten Vertreter der Kirchen und der Stadtgesellschaft an der Gedenkstätte an der Roten Reihe, die an die zerstörte Synagoge in Sichtweite der Basilika St. Clemens erinnert, Kränze nieder.  Die Pogrome vom 9. November 1938 wurden damals in keiner Kirche angesprochen,  kommentiert Propst Tenge.

In der Propstei zu Gast war an diesem Tag der Holocaust-berlebende Henry Corman. 1920 in Polen geboren, erfuhr er als Schüler aus den Nachrichten von den Ausschreitungen der Reichspogromnacht. Das Entsetzen war groß, berichtete er, aber die Gefahr, die von Deutschland ausging, hat man in Polen nicht ernst genug genommen. Antisemitismus begleitete ihn schon seine Kindheit hindurch gerade von kirchlicher Seite. Ich hatte viele katholische Freunde, sagt er aber um das Gelände der Kirche machte er lieber einen Bogen, auch wenn er in direkter Nachbarschaft wohnte. Henry Corman lebt heute abwechselnd in den USA und in Hannover. Er hält Vorträge an Schulen und verfolgt das politische Geschehen mit wachen Augen. Im Gespräch mit Propst Tenge drückte er seine Sorge über die Annäherungen von Papst Benedikt XVI. an den Holocaust-Leugner Richard Williamson aus. Williamsons Ansichten fallen auf die ganze Kirche zurück, gab Corman zu bedenken.

Ein Teil von Henry Cormans Leidensgeschichte hat sich in und bei Hannover abgespielt: Er war im KZ-Außenlager Mühlenberg inhaftiert und hat die Befreiung in Bergen-Belsen erlebt. Trotz dieser Erinnerungen lebt er gerne hier, denn das Wichtigste ist für ihn: Ich habe überall Freunde in der Stadt.

Annedore Beelte