Das Restrisiko bleibt

Energiespardebatte neu anstoßen

Atomenergie ist Gemeinwohl gefährdend, sagt Prof. Jürgen Manemann vom Forschungsinstitut für Philosphie Hannover (fiph). Das ist das Fazit der Stellungnahme Kirche-Kernenergie-Klimawandel, die das fiph im Auftrag des Bistums Hildesheim im vergangenen Jahr erarbeitet  hat. Erschreckend ist, dass das Atomunglück in Japan nach Erdbeben und Tsunami dieses Fazit in einer Art unterstreicht, die wohl niemand für möglich gehalten hat. Wenn ich Katastrophenszenarien durchdacht habe, dann kamen mir Bilder von Tschernobyl in den Sinn, sagt Prof. Manemann. Doch Tschernobyl steht als Bild nicht nur für Atomkatastrophe, sondern auch für veraltete Technik und Sowjetunion.

Dass jetzt ein High-Tech-Land betroffen ist, verändere unser Bild von der Atomkatastrophe radikal. Es wird deutlich, dass auch ein hochtechnisiertes Land wie Japan die Kernenergie nicht restlos beherrschen kann. Es bleibt ein Restrisiko, das im Endeffekt nicht abzuschätzen ist. Manemann begrüßt das jetzt ausgerufene Moratorium der Bundeskanzlerin, die alten Kernkraftwerke abzuschalten und alle Anlagen auf ihre Sicherheitsstandards zu überprüfen. Wenn es ehrlich gemeint ist und sich nicht nur um einen politischen Schachzug handelt, verdient sie großes Lob und jede nur mögliche Unterstützung, so Manemann.

Das jetzt von vielen geforderte Umstellen der Stromgewinnung auf regenerative Ressourcen sieht der Philosoph mit gemischten Gefühlen, denn auch die nachwachsenden Rohstoffe haben zwei Seiten, die gut gegeneinander abgewogen werden müssen. Es handele sich um Energien, die vordergründig erst einmal keine Gefährdung der Menschen darstellen, aber sie sind deswegen noch lange nicht ökologisch unbedenklich. Manemann erinnert zum Beispiel an  riesige Monokulturen für die Energiegewinnung und die dadurch bedingte Reduzierung der landwirtschaftlichen Flächen für die Nahrungsmittelproduktion.

Ein Ausstieg aus der Atomenergie allein reicht nicht aus, stellt Manemann klar, wir müssen bei uns selbst anfangen. Wir müssen Energie einsparen und unseren persönlichen Energiehaushalt neu überdenken. Jeder muss sich überlegen, ob es beispielsweise notwendig ist, dieses oder jenes Gerät einzuschalten. Die Brückentechnologie, die wir benötigen, ist nicht die Kernenergie, sondern die Energieeffizienz. Eines sollte klar sein, so Manemann: Es gibt kein zurück mehr hinter Fukushima.