Ein Beet zum Beten

Von Karfreitag bis Himmelfahrt: Blumen schmücken großflächig den Altarraum der Kirche St. Peter und Paul in Neustadt am Rübenberge. Auferstehung in Farbe und Duft.

Es ist wie bei einer Beerdigung. Karfreitag in der Kirche St. Peter und Paul in Neustadt: Die Teilnehmer der Feier vom Leben und Sterben Jesu haben Blumen mitgebracht. Sie sehen und verehren das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen hat durch eine Prozession und legen dort ihre Blumen ab, wie am Grab. Sträuße mit Schnittblumen ebenso wie Topfpflanzen.

Nach dem Vaterunser, dem Empfang der Kommunion und dem Segensgebet verlassen sie die Kirche aber ein fünfköpfiges Team bleibt, vier Frauen und ein Mann. Zu ihnen gehört Anne Siepmann. Ihre Aufgabe: Wir gestalten aus den am Kreuz abgelegten Blumen ein großes Blumenbeet im Altarraum.

Rund um den Altar werden die Blumen arrangiert. Aber auch großflächig auf den Treppen, die zum Mahltisch führen. In diesem Jahr steht zudem die Osterkerze mitten in diesem Blumenbeet zum Beten. Denn darum geht es bis Himmelfahrt bleibt dieses Zeichen der Auferstehung in Farbe und Duft bestehen: Zum Betrachten, zum Meditieren, zum Gespräch mit Gott; fasst es Claus Crone, ständiger Diakon in der Gemeinde zusammen.

Meistens dauert es so um zwei, einmal auch schon fünf Stunden, bis das Beet fertig ist, berichtet Anne Siepmann. Schließlich werden nicht nur die Blumen dekoriert. Das Beet wird auch mit Steinen eingefasst und mit Erde bedeckt. Rosen als Strauß oder im Topf werden dabei häufig an der Marienstatue neben dem Altar platziert. Weiße Rosen gelten in der Tradition des Christentums als Zeichen für die Heiligkeit der Gottesmutter, mit Roten wird daran erinnert, dass Maria unter dem Kreuz den Leichnam ihres Sohnes entgegennahm.

So gewinnt auch die Feier der Osternacht in St. Peter und Paul einen besonderen Blick: Die Leute schauen schon, wo ihre Blume geblieben ist, erzählt Anne Siepmann. In den kommenden 40 Tagen bis Himmelfahrt kümmert sich das Team weiter um die Blumen: Wir wässern und tauschen auch verwelkte Blumen aus, erläutert die 63-jährige Justizangestellte. Oder fügen auch neue Pflanzen hinzu: Zur Erstkommunion gibt es dann zusätzlich viele weiße Blumen. Immer wieder neu.

Warum es die Tradition in St. Peter und Paul gibt, können weder Siepmann noch Crone genau sagen. Verbunden ist sie aber mit dem Namen von Lisa Dietz. Es war die ehemalige Küsterin der Gemeinde, die zusammen mit dem damaligen Pfarrer Christoph Lindner angefangen hat, wohl so um die Jahrtausendwende. Anne Siepmann ist jedenfalls seit 2003 dabei.

Ein Blumenbeet in der Kirche, von Ostern bis Himmelfahrt das dürfte im Bistum Hildesheim ziemlich einmalig sein. Unsere ehemalige Küsterin stammt aus dem Allgäu, dort lebt sie jetzt auch wieder, berichtet Crone. Vielleicht sei ja von dort die Idee in den liturgisch eher nüchternen Norden importiert worden.

Bedeutsamer ist für den Diakon im Zivilberuf aber die Wirkung, die von dem Blumenbeet im Altarraum ausgeht. Unsere Kirche ist an 365 Tagen im Jahr geöffnet, täglich von 8 bis 18 Uhr, sagt er. Crone und Siepmann erleben Tag für Tag Besucher, die sich für ein paar Minuten in die Kirche setzen, die Blumen anschauen, vielleicht beten oder meditieren und noch eine Kerze anzünden.

Gerade anhand der Zahl der Kerzen lässt sich ableiten, wie viele Beter oder einfach Stille Suchende in der Kirche waren. Dafür sind doch Kirchen da, offen zu sein und Menschen zum Gespräch mit Gott einzuladen, betont Crone. Das findet auch Anne Siepmann: Wenn ich auf die Blumen schaue, finde ich ganz viele Inspirationen. Ein Beet zum Beten.

Rüdiger Wala