Ein Fest vor dem Aufbruch

Roma, Christen und politisch Engagierte feierten gemeinsam das Frühlingsfest Herdelezi

Früher, als die Roma noch in Wagen und Zelten lebten, war dieses Fest nicht nur der Auftakt des Frühlings. Es war auch das Signal, wieder loszuziehen ins Unbekannte. Herdelezi, das Frühlingsfest, hat für muslimische, orthodoxe und katholische Roma eine unterschiedliche Bedeutung, doch alle Familien feiern  es. In diesem Jahr war zum dritten Mal auch die ffentlichkeit dazu eingeladen.  Im Tagungshaus St. Clemens trafen sich Roma aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt mit Unterstützerinnen und Interessierten.  Wir haben diesen Ort bewusst gewählt, um die Menschen aus den Kirchengemeinden einzuladen, sagt Djevdet Berisa, der Organisator des Festes. Seit Januar beraten  die Vereine Romane Aglonipe und Forum für Sinti und Roma ihre Landsleute in einem Büro in der Propstei St. Clemens. 

Propst Martin Tenge begrüßte die Gäste, darunter viele Politiker und Engagierte, die sich für ein Bleiberecht von Roma-Flüchtlingen einsetzen. Diözesan-Caritasdirektor Hans-Jürgen Marcus sprach für die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Wir brauchen ein Bleiberecht, das nicht stichtagsbezogen ist, sondern die Dauer des Aufenthaltes in Deutschland und die Integrationsleistung berücksichtigt, forderte Marcus. Aber auch Roma, deren Integrationsleistung  gering ist, weil sie krank oder traumatisiert sind, müssen aus humanitären Gründen in Deutschland bleiben dürfen, forderte er. Eine Fotoausstellung im Tagungshaus machte deutlich, was die Roma erwartet, die in den Kosovo oder nach Montenegro abgeschoben werden: Ein Leben in notdürftig zusammengezimmerten Hütten, keine Chancen auf eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz. Ein Bild zeigt Kinder, die um ein Lagerfeuer herum spielen. Doch die Idylle trügt, erklärt die Bildunterschrift: Hier handelt es sich um ein ehemaliges Militärgelände, das mit Blei verseucht ist. Viele Kinder sind schon krank.

Jelena Jovanovic vom Sekretariat für Nationale Minderheiten in der serbischen Provinz Vojvodina zeigte in ihrem Vortrag, dass es auch anders geht:  Ihre Behörde hat die Situation der Roma-Minderheit untersucht, um Wege zu finden, wie man helfen kann. Derzeit, hat die Studie gezeigt, sind 42 Prozent der Befragten Analphabeten. Nur drei Prozent haben einen legalen Arbeitsplatz. Doch mit Hilfe von Stipendien besuchen inzwischen 300 junge Roma die Universität. Das staatliche Fernsehen sendet eine Stunde am Tag in der Roma-Sprache, sodass niemand von Informationen abgeschnitten ist, weil ihm Sprach- oder Lesekenntnisse fehlen.  Die Frage, wie man Roma in Deutschland unterstützen kann, prägte anschließend die Diskussionen bei Gegrilltem, Maiskuchen und süßen Herdelezi-Kugeln.

pkh