Essen allein schmeckt doch gar nicht!

Mit Henning Scherf startet der ka:punkt in das neue Halbjahresthema Nachbarschaft

Er geht durch die Reihen, versucht jeden persönlich zu begrüßen. Henning Scherf, der ehemalige Bremer Bürgermeister, ist Gast im ka:punkt. Sein Thema: Nachbarschaft - mehr als ein Netzwerk? Er erzählt von seinen Nachbarschaftserfahrungen in Wohngemeinschaften. Angefangen hat das, als wir in Bremen ausgebombt wurden und in Osterholz-Scharmbeck auf engstem Raum leben mussten.  Auch während des Studiums bevorzugte Scherf diese Wohnform, gründete zusammen mit seiner Frau und anderen Studenten in Hamburg eine Wohngemeinschaft, die noch heute existiert. Darauf ist der 72jährige stolz. Wohngemeinschaft im Sinne Scherfs hat nicht viel mit dem zu tun, was in Studentenkreisen üblich ist: Jeder hat ein Zimmer, Bad, Küche und Aufenthaltsraum werden gemeinsam genutzt. Wie eine Wohngemeinschaft für Scherf aussehen sollte, zeigt die, die seine Familie mit anderen zusammen in der Bremer Innenstadt gegründet hat.  Wir  leben hier wie eine große Familie, sagt Scherf. Jeder habe zwar seine eigene Wohnung, aber ganz viel wird gemeinsam unternommen. So treffen wir uns zu  bestimmten Mahlzeiten oder es wird auch zusammen musiziert. Und der große Garten ist für alle da. Vieles teilen wir, und wer nicht viel Geld hat, der muss auch nicht viel bezahlen. Sicherlich gibt es auch einmal Spannungen, so Scherf, aber wir reden dann darüber und haben so bislang alle Probleme gelöst. Das Schöne an unserer Gemeinschaft ist, dass jeder für jeden da ist, sagt Scherf nachdenklich und erzählt einen Fall, wo alle zusammen zwei ihrer Mitbewohner, die an Krebs erkrankt waren, bis zu ihrem Tode gepflegt haben. Das war sehr intensiv und ist in einer anderen Form des Zusammenlebens nicht oder kaum leistbar. Scherf ist überzeugt, dass es solche generationsübergreifenden Wohngemeinschaften wie seine in Bremen überall geben kann.  Und wo es nicht in dieser besonderen Form von Nachbarschaft wie bei uns möglich ist, so Scherf, da kann man im Kleinen anfangen. Sein Tipp für das Alter: Nicht vereinsamen, sondern sich Menschen suchen und mit ihnen was zusammen unternehmen. Zum Beispiel kann man in einer kleinen Gruppe gemeinsam Mittag essen. Jeden Tag kocht jemand anders und keiner muss allein essen. Und schmunzelnd fügt er hinzu  Essen allein schmeckt doch gar nicht!

Mit dem von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Hannover organisierten Vortrag von Henning Scherf ist der ka:punkt in sein neues Halbjahresprogramm gestartet. Es steht unter dem Motto Nachbarschaft.  In diesem Zyklus  wird unter anderem Prof. Dr. Jürgen Manemann vom Forschungsinstitut für Philosophie das Thema Nachbarschaft und Feindschaft philosophisch unter die Lupe nehmen (30. März, 19 Uhr). Bei Vorsicht, wachsamer Nachbar! ist eine Polizeikommissarin zu Gast  (2. März, 10 Uhr) und bei Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben geht es um außergerichtliche Konfliktschlichtung. (23. März, 10 Uhr).