Finger oder Gabel?

Prinz Asfa-Wossen Asserate sprach auf dem Dreikönigsempfang der Klinikseelsorge in der MHH

Ohne Engel geht es hier nicht, stellte Monika Rudolph beim Dreikönigsempfang der katholischen Klinikseelsorge in der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) fest. Aber unsere Engel sind überhaupt nicht kitschig, sondern gestandene Frauen. Das Seelsorgeteam aus Monika Rudolph, Andreas Vietgen und Pfarrer Wolfgang Langer bedankte sich mit dem Abend bei allen Partnern aus der Klinik, der Kirche und der Stadtgesellschaft. Und nicht zuletzt auch bei den Blauen Engeln, die ehrenamtlich den Patienten der MHH zur Seite stehen.

Als Gastredner hatten sie den Buchautor, Unternehmensberater und Manieren-Experten Dr. Asfa-Wossen Asserate eingeladen. Der seit langem in Deutschland lebende Prinz aus dem äthiopischen Kaiserhaus sprach über das Thema Interkultur und Integration im 21. Jahrhundert. Seit 2000 Jahren sind Christen daran gewöhnt, dass um diese Jahreszeit ein Äthiopier in die Häuser kommt, scherzte er mit Blick auf die Figuren der Heiligen Drei Könige, die sich im Andachtsraum noch um die Krippe scharen. Asfa-Wossen Asserate widersprach dem verbreiteten Eindruck, dass in der globalisierten Welt überall Migrantenströme darauf warten, die westliche Welt zu überfluten. Vielmehr erinnerte er daran, dass Migration zu allen Zeiten die Kulturen befruchtet hat. Jeder Mensch trägt Anteile verschiedener Kulturgemeinschaften in sich, betonte der Prinz und erinnerte die Europäer daran, wie viele ihrer kulturellen Errungenschaften ihren Ursprung in der muslimischen Welt haben.

Ein Beispiel: Der Kirchenlehrer Petrus Damiani war im 11. Jahrhundert zur Hochzeit eines Italieners mit einer jungen Frau aus Byzanz eingeladen. Entsetzt musste er mit ansehen, wie die Braut zum Essen eine Gabel benutzte.  Wer nicht die Finger zum Essen verwendet, wie der Schöpfer sie uns gegeben hat, lästert Gott, wetterte der Bischof später. Es dauerte noch mehr als 600 Jahre, bis die Europäer ihren Argwohn gegenüber der Gabel ablegten und schließlich die fremde Herkunft dieser Errungenschaft vergaßen. Als Äthiopier möchte ich trotzdem noch ein Loblied auf das Essen mit den Händen singen, fügte der Prinz augenzwinkernd hinzu. Es erfordere viel mehr Geschick als das Essen mit Messer und Gabel und damit schlug er den Bogen zum Ort des Empfangs: Forscher haben festgestellt, dass die Finger ein Enzym abgeben, das der Verdauung förderlich ist.

Annedore Beelte