Halbzeit: Eine Zwischenbilanz der Visitation von Bischof Norbert Trelle

Vier Monate lang hat Bischof Norbert Trelle das Regionaldekanat besucht. Im September 2013 geht die Visitation weiter. Hier berichtet der Bischof, wie er das enorme Arbeitspensum bewältigt und wie es sich anfühlt, eine Gemeinde zu besuchen, die eine Kirche schließen musste

Warum ist ein Bischofsstab eigentlich krumm? Das zeige ich euch, verspricht Bischof Norbert Trelle den Kommunionkindern der Gemeinde St. Heinrich. Sein Fahrer und liturgischer Begleiter Markus Röde holt den Stab und die Mitra noch einmal aus der Sakristei. Man hat dazu früher gesagt: die Hammelbeine langziehen, erklärt er. Und der Bischof führt unter dem Gelächter der Kommunionkinder vor, wie ein Hirte mit seinem Stab nach den Schafsbeinen angelt, wenn ein Tier auszubüchsen droht.

Der erste Teil der Visitation im Regionaldekanat Hannover ist geschafft. Von September bis Dezember 2012 hat der Bischof zehn Gemeinden besucht,  den Oberbürgermeister und den evangelischen Stadtsuperintendenten, das Hospiz Luise, den Sozialdienst Katholischer Frauen und viele andere Einrichtungen. Manchmal war Bischof Norbert 15 Stunden am Tag unterwegs ein enormes Arbeitspensum für einen 70-Jährigen. Ich bin Frühaufsteher, sagt er halb lachend, halb ernst. Aber irgendwann ist die Tasse voll. Für ihn ganz wichtig: Begegnungen wie mit den Kommunionkindern von St. Heinrich, die ihn aufbauen und seine Kräfte wieder mobilisieren. Das  Gebet als Unterbrechung in der Mitte des Tages. Und ab und zu mal Zeit für einen Spaziergang, um Hannovers Stadtteile kennen zu lernen. Im Dekanat nehme ich eine positive Aufbruchsstimmung wahr, lobt der Bischof. In die erste Phase seines Besuchs fiel auch ein trauriges Ereignis, die Schließung der Kirche St. Barbara in Uetze-Hänigsen. Ich sehe das Leid, das die Kirchenschließungen verursacht haben, versichert Bischof Norbert. Und ich leide genauso wie die Gemeinden.

Der Bischof möge als Katalysator wirken für das Dekanat, hatte sich Propst Martin Tenge im Vorfeld der Visitation gewünscht. Und das hat auch geklappt, so Tenges Bilanz nach der Halbzeit: Ohne den Bischof wären zum Beispiel die Firmkatecheten des Dekanates nicht zusammengekommen.  Bischof Norbert brauchte das Treffen gar nicht gestalten. Es zeigte sich einfach ein riesiger Bedarf bei den Teilnehmern, untereinander zu reden.  Dass die Visitation ein Mittagessen mit dem damaligen Oberbürgermeister und mittlerweile angehenden Ministerpräsidenten, Stephan Weil, möglich gemacht hat, freut Tenge: In so einer exklusiven Runde wären sich beide sonst nicht begegnet.

Eine politische Dimension, berichtet der Regionaldechant, bekam auch der Besuch der Katholischen Hochschulgemeinde. Die Studierenden machten dem Bischof deutlich, dass die katholische Theologie an der Uni Hannover auf der Kippe steht, und überzeugten ihn, im Wissenschaftsministerium auf die Rechte der Kirche zu pochen. Wir müssen jetzt die Erfahrungen der ersten vier Monate durchkneten und Prioritäten für die zweite Runde der Visitation setzen, sagt Propst Martin Tenge. Die Botschaft des Bischofs ist: Ich lasse euch Entwicklungsräume vor Ort. Das scheint mir auch die richtige Ansage für unsere Zeit. Das alte Hirtenbild ist überholt.    

Annedore Beelte