Japan war mit unterwegs

Schöpfungskreuzweg in Hannover

Als wir diesen ökumenischen Kreuzweg der Schöpfung geplant haben, konnte keiner ahnen, dass er durch die aktuellen Katastrophen in Japan plötzlich eine ganz neue Dimension bekommen würde, begrüßte Regionaldechant Propst Martin Tenge die Teilnehmer des Kreuzwegs. Wir nehmen die Opfer, ihre Angehörigen und alle Menschen, die dort leiden, Angst haben oder vor dem Nichts stehen in Gedanken mit auf unseren Weg durch Hannover.

Rund 110 Teilnehmer waren zum Trammplatz gekommen, um auf die akute und massive Bedrohung der Schöpfung weltweit aufmerksam zu machen. Aufgerichtet auf dem Platz vor dem Neuen Rathaus der Landeshauptstadt stand ein großes Holzkreuz. Es ist aus einer 70 Jahre alten Lärche gemacht, die keine 200 Meter entfernt vom Eingang zum Schacht Asse stand, erklärte, Jürgen Selke-Witzel, der Umweltbeauftragte der Diözese Hildesheim. Dieses Kreuz wird von Hannover über Bremerhaven, Gorleben und Salzgitter wieder zur Asse zurückkehren. Tontafeln werden dann daran erinnern, welchen Weg es beim ökumenischen Schöpfungskreuzweg gegangen ist.

Es ist gut, dass wir dieses Kreuz gemeinsam tragen, sagte der stellvertretende Stadt Superintendent Thomas Höflich, und gemeinsam als Kinder Gottes für die Schöpfung einstehen. Die jüngsten Ereignisse in Japan machten betroffen, so Höflich. Man müsse aktuell darüber nachdenken, ob wir alles dürfen, was wir können oder alles können, was wir zu können glauben. Höflich erinnerte an den Schöpfungsauftrag Gottes und die Pflicht der Menschen, diese Verantwortung immer wieder neu wahrzunehmen. 

Die Menschen nahmen am Kreuzweg teil, weil ihnen die Themen Bewahrung der Schöpfung, Klima oder Atomkraft wichtig sind. Wir kommen aus Dannenberg, sagte ein Mann, weil wir uns im Wendland schon seit Jahren mit der Atomkraft kritisch auseinandersetzen. Wir gehen mit, um ein Zeichen zu setzen. Andere haben im Sonntagsgottesdienst vom Kreuzweg erfahren und sich spontan für eine Teilnahme entschieden. Wir sind mit einer kleinen Gruppe hier, sagte eine junge Frau, weil es uns wichtig ist.

Die Angst geht diesmal mit beim Kreuzweg. Die Ereignisse in Japan zeigen, dass es keine endgültige Sicherheit gibt. Wir leben hier zwar nicht in einem Erdbebengebiet, aber immer wieder gibt es Störfälle. Und was ist mit der Gefahr vor Terroranschlägen? Ein Endsiebziger bringt es auf den Punkt: Es kann nicht so weiter gehen. Wir müssen endlich umdenken und dürfen uns nicht immer einreden lassen, dass es nicht anders geht und dass alles sicher ist.  Als sicher galten auch die Kernkraftwerke  in Japan.

Doch der Blick ging nicht nur nach Japan: Die Leiterin der Diözesanstelle Weltkirche im Generalvikariat, Dr. Katharina Bosl von Papp, erinnerte an die Klimakatastrophen, unter denen Bolivien leidet. Erst im März haben Erdrutsche im Partnerland der Diözese Hildesheim 5000 Menschen heimatlos gemacht. In anderen Landstrichen droht durch anhaltende Dürre Hunger, weil eine Aussaat unmöglich ist. Das ist eine Folge des Klimawandels, für den unser westlicher Lebensstil mit verantwortlich ist, betonte Katharina Bosl von Papp.

Vom Neuen Rathaus ging der  ökumenische Schöpfungskreuzweg zum niedersächsischen Umweltministerium und dann weiter zum abschließenden Gottesdienst in die Basilika St. Clemens. In seiner Ansprache griff hier Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert die drohende Katastrophe in Japan auf. Vor inzwischen 150 Zuhörern sagte er: Das Wort der Schrift ?Macht euch die Erde untertan? ist die Entlassung in die Freiheit und die Verpflichtung zur Verantwortung. Nach den Bildern und Nachrichten aus Japan wird deutlich, dass wir dieser doppelten Herausforderung nicht wirklich gerecht werden können. Die Menschen, so der Christdemokrat, können die Natur und ihre Gewalt nicht beherrschen. Seit dem Turmbau zu Babel haben wir uns mehr zugetraut, als wir tatsächlich können.

Im Gespräch mit Journalisten nach dem Gottesdienst appellierte Lammert: Wir können nicht so tun, als ginge uns das, was in Japan passiert, nichts an und erklären, hier ändert sich dadurch nichts. Man kann nicht einfach vor dieser neuen Situation weglaufen, sondern jeder muss sich, wie ich glaube, dieser neuen veränderten Lage stellen. Lammert gehörte schon im Herbst letzten Jahres zu den Kritikern der Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke.

(pkh/kiz)