Kaffee, Brötchen und Ruhe ...

Wärmestube in der Propstei St. Clemens

Seit Montag, 11. Januar, finden obdachlose Menschen eine zusätzliche Wärmestube in der katholischen Propstei St. Clemens in der Calenberger Neustadt nahe der Innenstadt Hannovers. Neben heißen Getränken gibt es auch vier Tagesruheplätze.

"Die Not liegt in Hannover auf der Straße", sagt Propst Christian Wirz. Die Zahl derer, für die die Eilenriede oder die Ihme-Brücken ein Schlafzimmer und der Hauptbahnhof oder der Platz vor der Basilika die Wohnstube ist, kann kaum geschätzt werden: "Die Zahlen schwanken zwischen 300 und 500 Menschen, wahrscheinlich sind es mehr." Was die Eilenriede und den Platz vor der Basilika eint: "Beide haben weder ein Dach noch Wände und schützen nicht für Kälte, Wind, Regen und Schnee." Es sind keine Orte zum Aufwärmen und Ausruhen: "Erst recht nicht zum Reden, zum Zuhören – das wollen wir mit der Wärmestube bieten."

Dieser geschützte Rückzugsraum ergänzt das Angebot des benachbarten Tagestreffpunkts für Obdachlose der Caritas Hannover. Nutzer*innen finden nicht nur einen Platz zum Ausruhen, sondern erhalten auch warme Getränke, Brötchen oder eine einfache Mahlzeit. Das neue Angebot wird von Ehrenamtlichen aus der Katholischen Kirche Hannovers getragen, unterstützt durch eine Sozialarbeiterin der Caritas.

"Ohne ehrenamtliches Engagement könnten wir unsere Angebote für obdachlose Menschen kaum aufrechterhalten", betont Caritas-Sozialarbeiterin Ramona Pold. Erst recht, da durch notwendige Hygienemaßnahmen mit Desinfektion und Abstand die Zahl Plätze im Tagestreff reduziert werden musste. Die Wärmestube helfe auf zweierlei Weise. Zum einen: "Jetzt haben wir weitere sechs Plätze in direkter Nähe". Die schnelle Umsetzung von der Idee bis zur Eröffnung, die große Anzahl von Ehrenamtlichen, die mitwirken, zeigen ihr wir groß die Hilfsbereitschaft ist. Zum anderen: "Dazu kommen wir Tagesruheplätze, die obdachlose Menschen dringend benötigen." Sie können sich tagsüber nach unruhigen Nächten nur im Sitzen ausruhen, was dauerhaft gesundheitliche Schäden mit sich bringt.

Das bestätigt Daniel. Seinen Nachnamen möchte er nicht nennen. Seit neun Jahren ist der Enddreißiger obdachlos, lebt seit eineinhalb Jahren in Hannover: "Das ist das einzige Angebot in der Stadt, wo man tagsüber wirklich Ruhe haben und sich ausstrecken kann." Nachts sucht sich Daniel Schlafplätze draußen, Notunterkünfte will er nicht mehr nutzen: "Da bin ich beklaut worden."  An Durchschlafen ist in der Nacht nicht zu denken. Die Kälte kriecht in den Schlafsack und die Angst überfallen zu werden begleitet ihn ständig.

Andrea Weinhold ist eine der Ehrenamtlichen in der Wärmestube. Sie ist auch 2. Vorsitzende des Vereins "StiDu – Stimme der Ungehörten", der sich politisch für die Verbesserung der Situation von Obdachlose einsetzt. "Ich möchte aber auch ganz praktisch helfen", sagt die Katholikin. So brüht sie Kaffee, schmiert Brötchen, misst Fieber und desinfiziert die Ruhematten. Von ihrem Verein ist auch der Anstoß ausgegangen, leerstehende Räume in Kirchengemeinden nahe der Innenstadt Hannover für den Tagesaufenthalt von Obdachlosen zu nutzen: "Ich bin wirklich froh, dass wir das in der Propstei so schnell umsetzen konnten."

Wärmestube und Tagesruheplätze sind im Keller der Propstei St. Clemens (Platz an der Basilika 2) eingerichtet. Bis 2009 hatte hier die Ökumenische Essenausgabe in den Wintermonaten ihren Platz, bis die Räume für die Nutzung zu klein wurden. Danach wurden die Räume mit Tageslicht bis Ende 2018 vom Forum für Sinti und Roma genutzt. Jetzt wurde die Räume gründlich gereinigt. Die Wagnersche Stiftung Hannover hat einen Geschirrspüler bereitgestellt, die Ruhematten kommen vom katholischen Gymnasium St. Ursula.

"Es ist auch das Haus, in dem ich wohne", ergänzt Propst Christian Wirz. Zudem ist es der Platz, an dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Katholischen Kirche in der Region Hannover tätig sind: "Wir freuen uns über die neue Gesellschaft."

  • Das Angebot kann gleichzeitig zu den Öffnungszeiten des Tagestreffpunkts genutzt werden: montags von 8:30 bis 13 Uhr, dienstags von 13 bis 16 Uhr, mittwochs von 8:30 Uhr bis 17 Uhr, donnerstags von 8:30 bis 13 Uhr und Freitag von 8:30 bis 13 Uhr.
  • Bis zu sechs Obdachlose haben aus Infektionsschutzgründen Platz im vorderen Raum der Wärmestube Platz. Im zweiten Raum finden parallel bis zu vier Obdachlose einen Tagesruheplatz.
  • Für Interessierte an der Mitarbeit (oder Kuchen- oder Keksspenden): Kontakt bitte unter sfw(ät)caritas-hannover.de (Ramona Pold)
  • Für Spenden: Basilika St. Clemens, DKM Bank, DE73 4006 0265 0037 0327 01, Stichwort: Tagestreffpunkt für Obdachlose

Rüdiger Wala