Kindergeschrei und strahlende Augen

Ein heiliges Experiment ? so das Motto des aktuellen Bistumsjubiläums. Ein heiliges Experiment ist auch das neue Mini-Flüchtlingswohnheim im Ordenshaus der Mary Ward Schwestern in der Hildesheimer Straße. Am 13. Juni wurde die kleine Einrichtung von Bischof Norbert Trelle offiziell eingeweiht. Schwester Monika Glockann erzählt, wie sich das Leben im Friedrich-Spee-Haus verändert hat.

Schwester Monika, vor sieben Monaten haben Sie ihr Haus für Flüchtlinge geöffnet und sechs Frauen leben seitdem mit ihren Kindern bei Ihnen. Wie und wo erleben Sie und Ihre Mitschwestern diese Veränderung?

Oft dringt neben fremdartigen Kochgerüchen herzzerreißendes Kindergeschrei durch unser Haus, manchmal ist es, als ob ein Zug durch unseren 3. Stock fahren würde, oft hört es sich so an, als würde ein Schrank umfallen? plötzlich kommen zwei kleine Afrikaner in mein Büro gestürmt oder in die Küche? mit strahlenden Augen?ich fließe dahin?dann formt sich ihr Mund zu einem Wort: Toffies? Sie wissen genau, wo die Süßigkeiten stehen und sind sehr interessiert an allen technischen und elektronischen Geräten. Wenn sie auf den Computer oder das Radio zusteuern, schauen sie mich an und warten auf meine Reaktion. Wenn ich den Finger hebe und "nein, nein sage, antworten sie mit der gleichen Gestik und demselben Wort?

Wenn der Lärmpegel in ihrem Wohnbereich steigt, nimmt Schwester Maria-Regina Kissmann einen oder zwei der Buben fährt mit ihnen Straßenbahn, geht mit ihnen in den Bahnhof oder auf den Spielplatz? Meist kommen sie dann ganz ermüdet zurück, können kaum mehr die Augen offen halten und steigen traumwandlerisch die Treppen hoch? Dann ist es für kurze Zeit ganz ruhig im Haus?

Was waren bislang die größten Herausforderungen?

Ich glaube die größte Herausforderung war das halbe Jahr nach unserer Entscheidung, Flüchtlinge aufzunehmen, in dem die Verantwortlichen der Caritas auf die verschiedenen Genehmigungen von der Stadt, vom Bistum und vom Caritasrat gewartet haben. Fragen und Zweifel kamen in uns auf: Haben wir die richtige Entscheidung getroffen? Können wir das als Kommunität schultern? Welche Herausforderungen und Gefahren kommen auf uns zu?

Weihnachten und die Adventszeit stehen vor der Tür. Gibt es gemeinsame Aktionen? Was beschäftigt Sie in dieser Zeit?

Bislang gab es schon gemeinsame Aktionen wie gemeinsames Kuchenessen und einen Zoobesuch. Ich bin mit zwei Mitschwestern und drei Kindern zum Martinsumzug nach St. Heinrich gegangen. Uns ist es wichtig, dass die afrikanischen Familien, die ja zumeist Christen sind, auch unsere Gebräuche kennenlernen. So bemühen wir uns um einen Besuch des Hl. Nikolaus, die jungen Mitschwestern backen mit den Kindern und basteln Adventskarten usw. Diese wollen wir dann am 1. Advent nach dem Gottesdienst in unserer Kapelle verkaufen. Der Erlös kommt den Flüchtlingsfamilien zu Gute. Wir haben auch vor, mit den Familien oder zumindest mit den Kindern in die Kinderchristmette unserer Pfarrei zu gehen. ber die weitere Gestaltung von Weihnachten sind wir noch miteinander im Gespräch.

Mögen Sie für unsere Leser einen besonderen Moment, ein schönes Erlebnis beschreiben.

Besonders gefreut hat uns, dass eine Mutter nach der Segnung der Räume für die Flüchtlinge durch Bischof Norbert Trelle den Wunsch geäußert hat, dass zwei ihrer größeren Kinder und der Neugeborene getauft werden. Die Zwölfjährige und ihr zehnjähriger Bruder werden jetzt von einem Gottesdienstbesucher, der aus Kenia stammt, auf die Taufe vorbereitet. Wir planen die Taufe für Februar oder März.

Gibt es einen Wunsch? Nicht nur zu Weihnachten?

Ich wünsche mir, dass sich diese Familien und besonders die Kinder bald gut integrieren und in Deutschland wirklich eine Heimat finden.

 

Das kleine Wohnheim befindet sich in der ehemaligen Gästeetage des Friedrich-Spee-Hauses und bietet in sechs Wohneinheiten Platz für Frauen mit ihren Kindern. Aktuell leben sechs Frauen und sechs Kindern im Haus der Ordensgemeinschaft Congregatio Jesu. Die Frauen werden von der Caritas Hannover betreut, die hierzu einen Betreibervertrag mit der Stadt Hannover abgeschlossen hat. Die Frauen kommen vorwiegend aus Afrika und werden seitens der Landeshauptstadt Hannover der Einrichtung zugewiesen.

Neben der kleinen Einrichtung in der Hildesheimer Straße unterhält die Caritas noch eine weitere Einrichtung für Frauen im Stadtteil Vahrenwald und eine größere Einrichtung für Familien und Einzelpersonen in der Oststadt.

Ansprechpartner und Kontaktdaten der Einrichtungen finden Sie <link http: www.caritas-hannover.de migration_wohnheim.html external-link-new-window externen link in neuem>hier.

Christiane Kemper