Lernort, Zeichen und Wohngemeinschaft

Haus der Religionen in Hannover wiedereröffnet

Ein Lernort für die Demokratie, ein Zeichen für Toleranz und Respekt, eine Wohngemeinschaft für das friedliche Zusammenleben in Vielfalt – und jede Würdigung gilt dem nun wiedereröffneten Haus der Religionen in Hannover. Der erste Gratulant ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Neun Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind in dem seit 2005 bestehenden und nun für 1,26 Millionen Euro umgebauten früheren Athanasiuskirche in der Südstadt von Hannover beheimatet: Christen, Juden und Muslime, Hindus, Buddhisten und Bahai sowie nun auch die Aleviten, Jesiden und die Humanisten. Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist das Haus „ein Symbol für ein vielfältiges, ein offenes, ein tolerantes Deutschland.“ Es spiegele die religiöse Vielfalt wider, die es nicht nur in den großen Städten der Bundesrepublik, sondern auch in den ländlichen Regionen längst gebe.

Die Vielfalt brauche Orte der Begegnung. Im Haus der Religionen werde gemeinsam daran gearbeitet, „Vorurteile abzubauen und mit religiösen Unterschieden leben zu lernen.“ Damit sei es als interreligiöse Bildungs- und Begegnungsstätte ein „Lernort der Demokratie“, wie es ihn gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung brauche, betont Steinmeier vor über 200 Gästen zur Wiedereröffnung.

Im Herzen des Hauses befindet sich eine Ausstellung über die neun Gemeinschaften. In 2,5 mal 2,5 Quadratmetern großen begehbaren Würfeln zeigen die Gemeinschaften, was ihnen im Glauben wichtig ist, aus welchen Quellen sie schöpfen und welche Verantwortung daraus erwächst. Steinmeier hatte sich vor Beginn des Festaktes die Kuben in Augenschein genommen. „Der innerste Glaubenskern der Religion kann nicht Inhalt von Kompromissen, Mehrheitsentscheidungen oder Vermittlungsausschüssen sein“, betont er in seiner Festrede. Doch könnten Glaubenslehren zueinander sprechen und Religionen aufeinander zugehen: „Wir müssen alle immer wieder üben, einander zuzuhören, zu verstehen, zusammenzukommen – so wie Sie hier.“

Auch für Ministerpräsident Stephan Weil geht von dem Haus der Religionen eine Wirkung aus, die weit über Hannover hinausreiche: „Es ist ein Symbol von Toleranz und Respekt, in einer Zeit, in der man glaubt, das sei das, was uns am meisten fehlt." Religion, so Weil, werde auch als Mittel zum Zweck missbraucht. Daher könne man in Stadt und Region Hannover auf die Tradition stolz sein, „dass hier Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten und Gutes tun.“ Es brauche solche Beispiele wie dieses bisher einmalige Haus der Religionen.

Hannovers amtierender Oberbürgermeister Belit Onay ist wie sein Vor-Vorgänger im Amt, Stephan Weil, Schirmherr des Hauses. Er beschreibt die besondere Bedeutung der Bildungs- und Begegnungsstätte mit einem Beispiel. In vielen Gegenden der Welt würden es unterschiedlichen Religionen nicht einmal gelingen, in einer Stadt gemeinsam zu leben: „Hier in Hannover schaffen sie es sogar, zu neunt in eine Wohngemeinschaft zu ziehen.“

In dieser WG sollen sich nun Schulklassen ein Bild von den Religionen machen, Vorträge, Konzerte, Diskussionen und Lesungen stattfinden. Alle Veranstaltungen haben aber eine zentrale Absicht. „Achtung, und Wertschätzung – darum geht es in unserem neuen Haus“, erläutert die islamische Theologin Hamideh Mohagheghi für den Trägerverein des Hauses: „Um Respekt gegenüber dem Anderssein.“

Durch den Umbau hat das Haus der Religionen mit gut 730 Quadratmeter deutlich mehr Fläche zur Verfügung. Neben dem Saal mit den zentralen Religionskuben als Dauerausstellung sind neue Seminar- und Büroräume entstanden. Künftig wird der Bundeskongress der Räte der Religionen, eine Vereinigung von Räten aus 65 Städten, hier seinen Sitz haben. Die Kosten des Umbaus wurden vom Land Niedersachsen, der Stadt Hannover, der Klosterkammer, den beiden großen christlichen Kirchen und zahlreichen privaten Spender*innen getragen.

  • Kontakt: Haus der Religionen - Zentrum für interreligiöse und interkulturelle Bildung, Böhmerstraße 8, 30173 Hannover, Internet: www.haus-der-religionen.de

Rüdiger Wala