Raum zum Wachsen

Besuch von Bischof Heiner Wilmer bei LABORA in Barsinghausen

Im Rahmen des Pastoralbesuchs in St. Bonifatius in Gehrden hat Bischof Heiner Wilmer einen Abstecher nach Barsinghausen gemacht – zur Jugendwerkstatt von LABORA. Und damit zu einem „ganz starken Stück Kirche“.

„Ungewöhnlich“, meint Bischof Heiner Wilmer. Sein Blick fällt auf eine Lampe. Gefertigt aus einem alten Kamerastativ, dazu ein runder Metallaufsatz mit Glühlampe und ein langes Kabel daran, das wohl auch von irgendwoher anders stammt: „Und das kann man sich so in das Wohnzimmer stellen?“

„Kann man – und ist ein echtes Unikat“, sagt Daniela Möhlenbrock. Die 56-jährige Sozialarbeiterin ist Geschäftsführerin von LABORA und Leiterin der Jugendwerkstatt in Barsinghausen, in deren Werkstatt jene Lampe steht: „Das fertigen die Teilnehmenden unserer Berufsqualifizierung für junge Menschen im Alter von 16 bis 27 Jahren an“, erläutert Daniela Möhlenbrock. Auf dem gleichen Gelände neben der Jugendwerkstatt betreibt LABORA im Auftrag des Zweckverbands Abfallwirtschaft der Region Hannover auch einen Wertstoffhof: „So haben wir immer gut Nachschub an Material.“ Diese neuen Dinge aus alten Wertstoffen werden beispielsweise auch beim „Novembergedöns“, einen kleinen Markt der Jugendwerkstatt verkauft – wenn er nicht gerade durch die Pandemie ausfallen muss, wie im letzten Jahr.

„Polytechnik“ heißt dieser Bereich der Jugendwerkstatt von LABORA, durch den junge Menschen auf den Übergang in den Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt vorbereitet werden sollen. Der zweite Bereich ist Hauswirtschaft – und die Teilnehmenden dieser Maßnahme sorgen dann auch für die mittägliche Verpflegung beim Bischofsbesuch.

Jugendwerkstätten, Sozialkaufhäuser und vieles mehr

Barsinghausen ist eine von insgesamt vier Jugendwerkstätten, die zur LABORA mit Sitz in Peine gehören. Dazu kommen fünf soziale Kaufhäuser, ein Möbel- und ein Trödelshop und Hilfs- und Beratungsangebote für Jugendliche: Schulsozialarbeit, Vermittlungscoaching, Anti-Aggressions-Training und vieles mehr. Zudem bietet die LABORA auch Unterbringungsmöglichkeiten für Jugendliche an.

Seit Mai bildet Daniela Möhlenbrock mit Nicolette Stoffels (54) die neue Doppelspitze der LABORA und trägt damit Verantwortung für mittlerweile gut 140 Mitarbeitende in den unterschiedlichen Betriebsteilen. „Im Kern geht es uns darum, sowohl mit jungen als auch mit langfristig arbeitslosen Menschen neue Chancen zu entwickeln“, betonen die beiden Geschäftsführerinnen. Daher seien Angebote zur Qualifizierung immer mit sozialpädagogischer Begleitung verbunden: „Zum Vermitteln von Fachkenntnissen gehört immer auch Ermutigung“, meint Nicolette Stoffels.

Genau genommen ist die Visite von Wilmer mehr als ein reiner Bischofsbesuch: Das Bistum Hildesheim ist einer von vier Gesellschaftern von LABORA. Die weiteren Anteile liegen bei der Peiner Pfarrei Zu den Heiligen Engeln, dem Kolpingwerk und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB).

"Das stärkt für das Leben"

Für Wilmer ist LABORA ein Ort, „wo junge Menschen Zeit und Raum erhalten, um wachsen zu können.“ Das meine Sicherheit zu sich selbst zu finden, Fertigkeiten zu erwerben, Teamarbeit zu lernen und vor allem Zutrauen zu Mitmenschen zu entwickeln: „Das stärkt für das Leben.“

Wie stark das macht, zeigt sich für Wilmer bei Mittagessen mit den Jugendlichen: Das muss er sich durchaus kritischen Nachfragen stellen – warum die katholische Kirche nicht konsequenter den Missbrauch an jungen Menschen und sexualisierter Gewalt aufklärt oder warum sie gleichgeschlechtliche Ehen ablehnt. Aber auch, ob der Bischof den Papst schon mal getroffen hat.

„Mich beeindruckt die Haltung, mit der die Mitarbeitenden von LABORA den jungen Menschen begegnen“, unterstreicht Wilmer. Diese Wertschätzung für und Solidarität gerade mit jungen Menschen, die es bisher nicht leicht auf ihren Weg hatten, sei beispielhaft.

„Die Haltung gehört zum Wesen von LABORA“, betont Dr. Timo Freudenberger. Der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von St. Bonifatius ist auch stellvertretender Vorsitzender der Gesellschafterversammlung von LABORA. Insofern war schon frühzeitig klar, dass ein Bischofsbesuch in der Pfarrei ohne Abstecher zur Jugendwerkstatt undenkbar wäre: „Wir möchten damit zeigen, dass LABORA ein ganz starkes Stück Kirche ist.“

Rüdiger Wala