Trauer als Protest

Aktion gegen Gewalt gegen Frauen

Monat für Monat setzen die Frauen in Schwarz in Hannover ein Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen. Die Mahnwache ist Teil einer weltweiten Bewegung.

Sie trotzen Wind und Regen, sengender Sonne und auch manchem Vorurteil: die „Frauen in Schwarz“. Seit fast drei Jahrzehnten stehen sie an jedem ers­ten Donnerstag im Monat von 17 bis 18 Uhr mitten in der Hannoverschen Innenstadt, am Blätterbrunnen in der Nähe des Kröpke. Ihre Botschaft: Ein Ende der Kriege, ein Ende der weltweiten Gewalt gegen Frauen.

„Wir tragen Schwarz als Zeichen der Trauer“, sagt Ute Kiersch: „Und wir schweigen, als Mahnung, als Störung im Alltag“, ergänzt die 79-Jährige. Gerade erst hat sie Kontakt zu Frauen in Belarus gehabt, die sich wie sie auf die Straße stellen, um gegen Gewalt und Unterdrückung zu protestieren. Es gibt für sie einen gravierenden Unterschied: „Hier in Deutschland schützt uns die Polizei, in Belarus werden die Frauen von ihr verfolgt.“

Die Frauen in Schwarz sind eine weltweite Bewegung. Sie stehen nicht nur in Hamburg und München, sondern auch in Af­ghanistan und Bolivien, in Frank­reich und Israel, in Russland und Tschetschenien und in vielen anderen Ländern. Oftmals nicht nur verlacht, sondern auch verfolgt. Ihren Ursprung haben die „Frauen in Schwarz“ in Israel. Dort standen 1988 erstmals Frauen in schwarzer Kleidung schweigend am Straßenrand, um für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern einzutreten.

Ihr Vorbild hat die Bewegung in den Müttern der Plaza de Mayo im argentinischen Buenos Aires. Von 1977 an protes­tieren die Mütter und Großmütter mit weißen Kopftüchern und einem Schweigemarsch gegen das „Verschwinden“ ihrer Töchter, Söhne und Enkelkinder während der Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983. Dieser Protest wird mit der Forderung nach Aufklärung der Verbrechen bis heute fortgesetzt.

„In Hannover sind wir erstmals zusammengekommen, um gegen die Massenvergewaltigungen in Jugoslawien 1991 zu protestieren“, berichtet Gerda Boer. Die heute 81-Jährige ist seit der ersten Stunde dabei. Im ersten Jugoslawienkrieg wurden vor allem in Bosnien Vergewaltigungen gezielt als Kriegswaffe eingesetzt. Damals war der Zuspruch noch größer, heute ist die Gruppe auf wenige Aktivistinnen geschrumpft: „Aber wir wollen unsere Mahnwache fortsetzen.“ Denn nicht nur in Kriegen wird Frauen Gewalt angetan. Sie werden zu Prostitution gezwungen, wie Vieh gehandelt oder gegen ihren Willen verheiratet.

Jede Gruppe der weltweiten Bewegung setze ihren Schwerpunkt anders, berichtet Gerda Boer. Gerade weil die Unterdrückung von Frauen so unterschiedlich ist. Die ökumenisch getragene Gruppe in Hannover fordert auf ihrem Transparent „eine Welt ohne Gewalt und Vergewaltigung“. Ein naiver Wunsch? „Mag sein“, sagt Gerda Boer: „Aber ich möchte, dass Frauen und Kinder keine Angst mehr haben dürfen.“ Dafür stehe sie jeden Monat hier.

„Frauen werden immer noch wie eine Ware behandelt“, sagt Margarete Schünemann. Sie werden zum Beispiel aus Osteuropa zum Betteln nach Deutschland geschickt, sind hier rechtlos als Haushaltshilfen tätig, werden eingesperrt oder geprügelt, wenn sie Männern nicht zu Diensten sind: „Wir können sicher sein, dass das allerorten passiert.“ Dagegen will die kleine Gruppe von Frauen weiterhin standhaft sein.

Anfeindungen oder Pöbeleien haben sie noch nicht erlebt. Wohl aber müssen sie häufiger ein Vorurteil hören: „Passanten meinen, dass unsere Mahnwache nichts bringt“, beschreibt Margarete Schünemann. Dem hält sie entgegen, dass ihr Engagement sehr wohl etwas bringe: „Unsere Mahnwache setzt ein Zeichen. Und solche Zeichen setzen sich am Ende durch. Davon bin ich überzeugt.“

  • Die „Frauen in Schwarz“ stehen wieder am Donnerstag, 4. Februar, von 17 bis 18 Uhr am Blätterbrunnen in der Karmarsch-/Ständehausstraße, Nähe Kröpke, in der Innenstadt von Hannover.