"Wir werden gehört"

Wahlen zum Seniorenbeirat der Stadt Hannover

Die Stadt Hannover wählt – und zwar einen neuen Seniorenbeirat. Dafür braucht es Interessierte, die bereit sind für die Wahl der Delegiertenversammlung zu kandidieren, aus der dann der 13-köpfige Seniorenbeirat hervorgeht. Was der Beirat macht und warum es wichtig ist, dass die Katholische Kirche dabei ist, erklärt Hans-Dieter Kahmann im Interview.

Eine klassische Frage zum Auftakt: Was sind denn die drei wesentlichsten Aufgaben des Seniorenbeirats der Stadt Hannover?

Das kann man nicht auf drei Aufgaben einengen, weil der Seniorenbeirat alle Seniorinnen und Senioren in allen Fragen in der Stadt Hannover vertritt – in allem, was wichtig ist. Darum kümmern wir uns. Da könnte ich Ihnen eine ganze Liste aufführen. Aber im Großen und Ganzen: Wir vertreten die Belange von älteren Menschen nicht nur gegenüber Rat und Verwaltung. Wir suchen das Gespräch mit den Bezirksräten, den Trägern von Altenheimen und Sozialdiensten, der Polizei, den Verkehrsunternehmen und bringen die Interessen der ganzen älteren Menschen an die Öffentlichkeit.

Was wäre denn ein Beispiel dafür, wo sich der Beirat engagiert in die Geschicke der Stadt eingemischt hat?

Auch das lässt sich so pauschal nicht sagen, weil wir uns in viele Fragestellungen und Diskussion in der Stadt eingemischt haben. Das ist eine unglaublich große Palette – von Quartiersentwicklung über Altersarmut bis hin zu Migration. Gut, wenn es ein Beispiel sein soll: Quartiersentwicklung ist eine wichtige Frage. Schließlich geht es darum, auch behinderten Menschen mehr Möglichkeiten in Hannover zu verschaffen. Aber trotzdem: Unsere Arbeit lässt sich nicht auf ein Beispiel einengen.

Quartiersentwicklung, die Situation oder Menschen mit Beeinträchtigungen: Ist das eine Baustelle, die Sie jetzt an den nächsten Beirat weitergeben?

Jeder Beirat entwickelt seine Schwerpunkte selbst. Das ist ja auch abhängig von der Zusammensetzung. Die neuen Mitglieder des Beirates werden sich selbst ihre Aufgaben suchen, finden und geben. Denn Baustellen gibt es in Sachen Politik für alte Menschen genug. Da ist kein Ende abzusehen.  

Welche Akzente konnten Sie persönlich setzen? Was hat Ihre Arbeit geprägt?

Ich würde Ihnen gerne sagen, welchen Akzent nicht setzen konnte: Ich hätte gern engagierter die Interessen für Senioren vertreten, die aus der Caritas und auch von unserer Kirche kommen. Aber da hat die Zusammenarbeit nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt hätte. Insofern habe ich in verschiedenen Bereichen mitgearbeitet, die sich aus der Aktualität ergeben haben.

Zurzeit werden Interessierte in den katholischen Pfarreien gesucht, die bereit sind für die Wahl der insgesamt 200 Mitglieder umfassenden Delegiertenversammlung zu kandidieren, die im Januar gewählt wird. Warum ist die Kandidatur so wichtig?

Weil sowohl die Delegiertenversammlung als auch der von ihr dann gewählte 13-köpfige Seniorenbeirat ein Sprachrohr der älteren Menschen sind. Wir vertreten 135 000 Menschen von 60 und älter. Gewerkschaften machen aktiv mit. Wohlfahrtsverbände können sich über uns einbringen. Schon allein deswegen ist es wichtig, dass auch die Caritas und die Katholische Kirche sich einmischen.

Wer darf überhaupt wählen – und gewählt werden?

Alle über 60 Jahre alten Einwohnerinnen und Einwohner wählen per Brief die 200 Mitglieder der Delegiertenversammlung. Aus der Mitte der Delegiertenversammlung werden dann die 13 Mitglieder des Seniorenbeirats gewählt. Voraussetzung ist, dass man seit einem Monat seinen Hauptwohnsitz in Hannover hat. Die deutsche Staatsangehörigkeit ist aber keine Voraussetzung, das möchte ich noch mal herausstellen.

Ehrenamtliches Engagement ist auch immer mit Zeit verbunden. Wie groß ist Ihrer Erfahrung nach der Zweitaufwand?

Na ja, es gibt abgestufte Möglichkeiten des Engagements. Die Delegiertenversammlung tagt zweimal und berät Schwerpunkte und Anträge. Das ist ein zeitlich recht überschaubarer Aufwand. Wer tiefer einsteigen möchte, kann in thematischen Arbeitsgruppen mitarbeiten, die sich der Seniorenbeirat selber gibt. Das erfordert etwas mehr Zeit. Intensiver wird es dann noch beim eigentlichen 13-köpfigen Seniorenbeirat. Wir treffen uns alle 14 Tage und nehmen noch weitere Termine wahr, beim Rat der Stadt, in der Verwaltung oder bei Ortsbegehungen.

Sie haben es gesagt, aus der Mitte der Delegiertenversammlung, wird der 13-köpfige Seniorenbeirat gewählt. Jedes Mitglied ist für einen Stadtteil zuständig, Sie beispielsweise für Buchholz-Kleefeld …

Das ist richtig. Wir 13 Mitglieder im Beirat haben uns zu Beginn unserer Amtszeit über unsere Zuständigkeiten für die Stadtteile abgesprochen. Da geht es nicht allein um die Adresse, sondern auch um das Lebensumfeld. Zwar wohne ich genau genommen in der ersten Straße in Misburg, aber eigentlich ist Buchholz mein Lebensumfeld. Daher bin ich für diesen Stadtteil zuständig geworden.  

Verstehen Sie sich eher ausschließlich als Stimme für den Stadtteil oder doch für das große Ganze der Stadt?

Sicher sind wir Ansprechpartner für den Stadtteil und nehmen daher auch Ortsbesichtigungen wahr, zum Beispiel wenn es um die Straßenbahn und Haltestellen geht. Aber grundsätzlich ist unsere Arbeit auf die ganze Stadt Hannover ausgerichtet. Das ist unsere Perspektive. Alles andere wäre zu klein gedacht.

Die Mitglieder des Beirats sind auch den Ratsausschüssen vertreten, Sie nehmen die Vertretung für den Kulturausschuss wahr. Was ist Ihr Eindruck: Wird der Beirat gehört oder ist das für Ratsmitglieder eher eine Pflichtübung?

Gerade im Kontakt mit dem Rat habe ich gemerkt, welch unglaublich großes Gewicht der Seniorenbeirat in der Landeshauptstadt Hannover hat – auch bei der Verwaltung. Wir beteiligen uns direkt, wir stellen Fragen, wir üben auch Kritik an Vorgängen, die Seniorinnen und Senioren betreffen. Meine Erfahrung ist, dass unsere Vorstellung gehört und aufgegriffen werden. Insofern: Wir werden gehört.

Noch einmal grundsätzlich gefragt: Der Seniorenbeirat ist politisch und konfessionell neutral. Warum ist es aus Ihrer Sicht aber wichtig, dass sich die Katholische Kirche und die Caritas daran beteiligen?

Als Kirche und Caritas stehen wir für Werte wie Barmherzigkeit und Solidarität. Wir verstehen uns als Sprachrohr für die, die keine oder nur eine leise Stimme in der Gesellschaft haben – und dazu gehören alte Menschen in einer Großstadt. Daher ist es für mich einfach unvorstellbar, dass Katholische Kirche und Caritas nicht die Möglichkeit nutzen, über den Seniorenbeirat ihre Stimme einzubringen.

Interview: Rüdiger Wala