Alles so anders

Kirchenräume anders gestalten - zum Beispiel in St. Oliver in Laatzen

Kirchen - gebaut für den Gottesdienst. Wirklich nur? Ein Beispiel aus St. Oliver in Laatzen zeigt das Gotteshäuser auch Menschenhäuser sind. Für Ruhe und Stille, für Nachdenken und Geschichten. Für Gebete, die mehr sind als Worte.

Kirche – ein dem Herrn gehörendes Haus, wie es aus der griechischen Wortwurzel übersetzt heißt. Gemeinhin gebaut, um Gottesdienst zu feiern. In manchen Gotteshäusern auch nur einmal in der Woche für eine Stunde, danach wird sie wieder abgeschlossen. Was aber passiert in den anderen 167 Stunden der Woche im dem, dem Herrn gehörendem Haus, dem Gotteshaus?

In St. Oliver in Laatzen wird dreimal in der Woche Gottesdienst gefeiert. In der Regel ist die Kirche zudem tagsüber geöffnet. Für das persönliche Gebet, für das Anzünden einer Kerze, für einen Moment der Ruhe. So weit, so bekannt.

Doch es gibt Zeiten, da wandelt sich der Innenraum von St. Oliver. Mit Licht und Farben, mit Pflanzen und leiser Musik. Mit Dingen, die nicht zur Grundausstattung eines Sakralbaus gehören, wie ein Seil und ein Schwert, ein Spiegel oder Sand. Und das nicht nur für wenige Stunden oder einen Tag.

„Wir wollen besondere Zeiten im Kirchenjahr auch besonders gestalten“, sagt Gemeindereferentin Martina Teipel. Zu Weihnachten war es die „Kirche im Kerzenschein“, jetzt „Von Hosianna zu Halleluja“ – von „Hilf doch“ zu „Lobet Gott“, von Klage zur Freude.

Eine Klagemauer und ein Spiegel

Ein Team von zehn Gemeindemitgliedern hatte im Vorfeld Ideen gesammelt, wie der Kirchenraum anders gestaltet werden kann: sowohl für einen „Ruhetag für die Seele“ als auch für sich sprechende Szenarien, die den letzten Lebensstationen Jesu nachzeichnen. Beim Ruhetag gab es regelmäßig vorgetragene Impulsgedanken, die „zur Besinnung und zum eigenen Nachdenken anregten“, wie es Martina Teipel beschreibt. Ein Zettel konnte in die Fugen einer kleinen Klagemauer gesteckt werden, ein Spiegel erinnerte an die Ebenbildlichkeit Gottes.

Danach wandelte sich die Szenerie im Kirchraum. Fünf Stationen zeichnen die letzten Lebenstage Jesu nach. Ganz unterschiedlich. Mit Bilder und Texten, mit Pflanzen und Symbolen, mit dem Spiel von Licht, Farbe und Schatten. Da wird alles anders in dem sonst so bekannten Kirchenraum von St. Oliver: „Das setzt auch Schwellenängste herab, gerade für Menschen, denen die Kirche doch fremd geworden ist“, betont Christine Braun. „Und nicht erst seit Corona“, fügt die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates hinzu.

Bilder und Symbole machen die letzten Stationen vom Lebensweg Jesu, ja überhaupt die zahllosen biblischen Geschichten anders erfahrbar: „Sonst haben wir ja nur einen Zugang durch Texte“, erläutert Christine Braun: „Unsere Gestaltung spricht mehr Sinne an.“

Sogar regelmäßige Gottesdienstbesucher haben sie den ihnen eigentlich vertraut erscheinenden Kirchenraum neu entdeckt. „Dazu gehört sicher auch, dass sie sich frei im Kirchenraum bewegen konnten“, ist sich die Lehrerin an der katholischen Ludwig-Windthorst-Schule sicher. Sonst werde die Kirche nach dem Gottesdienst ja meist schnell wieder verlassen. Keine Zeit für den Wechsel des Blickwinkels.

Die Rückmeldungen: durchweg positiv. Eine Rückmeldung hat Christine Braun besonders gefreut: „Unser Kirchenraum wurde als Oase bezeichnet.“ Mehr Wertschätzung geht nicht in so schweren Zeiten.

Rüdiger Wala