Hier wohnt ein Heiliger Engel

Gemeindefest mal anders – wenn kein großes Treffen an der Kirche möglich ist, lassen sich viele kleine Begegnungen im Stadtteil organisieren. So wie in Heilige Engel in Hannover. Birgitta Brauner hat mitgemacht.

Was machen wir mit unserem Gemeindefest?: In Zeiten der Pandemie war und ist das eine Frage, die in den Gremien der Pfarreien und Kirchorte diskutiert wird. Die häufigste Antwort: Absagen. In der Pfarrei Heilige Engel im Hannoverschen Stadtteil Kirchrode wollte man sich es sich nicht so einfach mit der Antwort machen. Sang- und klanglos ausfallen: Nein.

"Unsere Hauskreise haben sich ja weiter online getroffen", berichtet Gemeindemitglied Birgitta Brauner. Die 55-jährige Physiotherapeutin fühlt sich angesichts der Kontaktbeschränkungen durch Corona an die Apostelgeschichte erinnert auch da war die Urgemeinde zerstreut (8,1): "Wir sind zwar nicht verfolgt, aber nach Hause zerstreut so habe ich das wegen Corona empfunden", erläutert Brauner.

In solchen Zeiten brauche es Zeichen: So wurde vor der Kirche Heilige Engel ein Kreuz aufgestellt und passend zum Verlauf des Kirchenjahres mit der entsprechenden liturgischen Farbe geschmückt. "Auf diesen Weise wird nach außen sichtbar, dass nicht alles in der Gemeinde stillsteht", findet Brauner: "Und wir sind, mit Abstand, auch mit Passanten ins Gespräch gekommen." Erst über die Farbe, dann über mehr.

Plakate quer durch den Stadtteil

So ist dann auch die Idee zum Gemeindefest mal anders entstanden. "Wir wollten nach außen sichtbar werden in der eigenen Straße", erzählt Brauner. Leitgedanke: "Hier wohnt ein heiliger Engel." So wurden Plakatvordrucke erstellt, mit der Bitte sie individuell zu gestalten. Bekleben, Malen, Beschreiben, was auch immer. Dann aufhängen ans Gartentor, die Haustür oder auch an den Laternenpfahl.

Eine Aktion die Bibel-Tankstelle: mit an einer Leine befestigten Versen aus der Heiligen Schrift. Natürlich zum Mitnehmen. Es gab Einladungen zum Kaffeetrinken, Spielangebote, immer wieder Grüße und Wünsche, sogar ein hohes Humor-Glas, von innen mit Kirchenwitzen beklebt, war dabei. Lachen gehört zu einem Gemeindefest dazu.

Birgitta Brauner hat sich für etwas anderes entschieden: Gott mit allen Sinnen entdecken, waren ihre Plakate überschrieben. In ihrer ruhigen Nebenstraße gilt sie als die Frau mit dem grünen Daumen. Wobei: "Ich sage immer, ich mache das zusammen mit dem lieben Gott. Er lässt die Pflanzen immer wunderbar wachsen meistens woanders als ich sie hingepflanzt habe."

Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen das alles war (und ist) im Garten des Ehepaars Brauner möglich. Die satten Farben und die Vielfalt der Pflanzen, das Summen der Bienen, das Plätschern des Wassers, der Duft der Rosen, der Geschmack der Felsenbirnenbeere, einem Strauch gleich am Eingang des Grundstücks. Und Fühlen? "Auch dafür hat Gott gesorgt", meint Birgitta Brauner. Sonne, Wind und schließlich reichlich Segen von oben.

"Das war schon ganz spannend", findet Birgitta Brauner. Da gab es Gespräche mit Passanten, da waren Kinder zu beobachten, die zum Teil skeptisch die dunklen Beeren probiert haben, da wurden viele Fotos gemacht.

Abends ist das Ehepaar Brauner dann selbst im Stadtteil. Mal schauen, was andere so gemacht haben. Da piept das Mobiltelefon: Freunde aus der Gemeinde schreiben, dass sie nun gerade bei den Brauners sind: "Schön, dass wir so gut auch über soziale Medien vernetzt sind", sagt Birgitta Brauner.  Oder wie die Gemeinde auf anderen Wegen nach der Zerstreuung wieder zusammenfindet ...

Hier weitere Impressionen vom "Gemeindefest mal anders"

Rüdiger Wala