"Ho visto Maradona"

Ausstellung und Installation "Maradona. Der Göttliche?" in der Kirche St. Heinrich in Hannover eröffnet

„Maradona. Der Göttliche?“: Ab jetzt ist sie richtig zu sehen – die Installation mit 134 Fotos in der Kirche St. Heinrich, die den argentinischen Fußballspieler Diego Armando Maradona während seiner Zeit als Spieler bei SSC Neapel zwischen 1984 und 1991 Jahren zeigen. Auf dem Platz, neben dem Spielfeld, in wenigen privaten Momenten, doch immer verehrt als Gott, für den Lieder gesungen und Altäre errichtet werden.

"Ho visto Maradona" (Ich habe Maradona gesehen): Für viele Menschen in Neapel ist das heute noch über drei Jahrzehnte nach dem Weggang des argentinischen Fußballspielers aus der Stadt und zwei Jahre nach seinem Tod fast ein Glaubensbekenntnis.

Daran erinnern bei der Ausstellungseröffnung „Maradona.Der Göttliche?“ auch die neapolitanische Kuratorin Yvonne de Rosa und der Fotograf der Maradona-Bilder Sergio Siano. „Mein Großvater hat mich als junges Mädchen mit ins Stadion mitgenommen“, erzählt Yvonne de Rosa, die die Ursprungsausstellung der Fotos in Neapel kuratiert hat. Eigentlich wollte sie nicht mit: „Aber mein Opa war voll von Liebe für Maradona.“ Zehn Minuten schaute sie zu, dann machte Maradona einen Überschlag mit dem Ball: „Da dachte ich, das Spiel gefällt mir auch.“

Mehr noch: „Als wir die Meisterschaft, die Scudetto, gewonnen hatten, war Neapel eine andere Stadt.“ Mit Maradona wird der SSC Neapel 1987 erstmals italienjenischer Meister, ein Festtag für den wirtschaftlich benachteiligten Süden des Landes: „Ich habe noch nie die Menschen mit so viel Freude erlebt.“ Yvonne de Rosa ist danach nicht mal mehr in die Schule gegangen: „Alle Lehrkräfte haben sich versammelt, um Farbe zu kaufen, weil sie ihre Häuser blau, der Farbe des SSC, anzumalen.“ Die Menschen auf den Straßen haben sich umarmt, egal ob arm oder reich. „Es waren Maradona und der Fußball, der die Menschen zusammengebracht hat, sodass es keine Klassengesellschaft mehr gab.“ Der Sport hat alles verbunden.

Für Sergio Siano waren die Fotografie und der Fußball ein „Fluchtweg“, wie er es beschreibt. Mit 16 Jahren begann er zu fotografieren, arbeitete für eine Zeitschrift und machte immer Bilder von Verbrechen, die sich in Neapel ereignet hatten. Doch da war das Centro Paradiso de Soccavo, das Trainingsgelände des SSC Neapel und von Maradona. Sieben Jahre konnte er den Fußballspieler, der in Neapel wie ein Messias verehrt wurde, begleiten. „Er hat mir erlaubt, in auch in intimen Momenten zu fotografieren.“ Zum Beispiel erschöpft auf der Massagematte liegend oder an den Füßen an einer Stange aufgehängt.

Bei Maradona habe Sergio Siano immer gespürt, dass er nie seine Herkunft aus einer armen Familie aus einer Vorstadt von Buenos Aires vergessen habe: „Er hat vielen Familien und Jugendlichen geholfen, er wollte aber nicht, dass man es weiß.“ Das Centro Paradiso war wie eine Heimat für ihn. „Maradona war morgens der Erste und abends der Letzte.“ Aber auch, weil er in Neapel nie als freie Person durch die Stadt gehen konnte: „Keinen Schritt konnte er alleine machen, daher war das Trainingsgelände sein Schutzraum.“ Oftmals habe er Jugendliche dorthin eingeladen, die sich keine Karte für das Stadion leisten konnten. Im Laufe der Jahre hat Sergio Siano viele Ausstellungen gemacht.

Aber nun seine Bilder in einer Kirche zu sehen, auf eine besondere Weise von der Decke hängend zusammengestellt, berühre ihn sehr: „Das ist ein großes Geschenk.“ Auch Kuratorin Yvonne de Rosa, selbst Fotografin, entdeckt durch den Kirchraum neue Aspekte an den Bildern: „Diese Kombination aus Fotos eines Menschen, den eine Region wie ein Gott verehrt hat und einer Kirche, macht diese Ausstellung zu etwas Besonderen.“

  • Die Ausstellung ist bis zum 25. November von Dienstag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr, sonntags von 12 bis 18 Uhr in der Kirche St. Heinrich zu sehen (Sallstraße 74, 30171 Hannover). Führungen, auch für blinde und sehbehinderte Menschen, sind auf Anfrage möglich.
  • Am Mittwoch, 12. Oktober, wird mit einem Podium der Frage „Maradona, der Göttliche?“ nachgegangen (19 Uhr). Es diskutieren Jan Rosenthal (Ex-Profi von Hannover 96), Prof. Dr. Sandra Günter (Sportsoziologin Uni Hannover) und Thorsten Leißer (Pastor und Fußballexperte). Die Moderation hat Dirk Tietenberg (Neue Presse). Was es mit „Gott und der Göttliche“ auf sich hat, ist Thema eines Gottesdienstes am Sonntag, 13. November (11 Uhr).
  • Die Ausstellung wird gefördert von der Hanns-Lilje-Stiftung, der Region Hannover, der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung, der Leibniz Universität Hannover, der Stiftung St. Heinrich und dem Bistum Hildesheim.

Rüdiger Wala