Mit Stern, Krone und Segen

Sternsinger*innen besuchen Landtag, Staatskanzlei, Rathäuser

Sie sind wieder da. In echt und nicht nur auf einer Videokachel oder als Foto in einem Brief. Mit Gewand, Stern, Krone, Kreide und dem Segen. Sternsinger*innen ziehen in diesen Tagen zu den Rathäusern in der Region Hannover, zum Landtag, zur Staatskanzlei – und auch zum Flughafen.

Natürlich gibt es noch einen deutlichen Unterschied zu früheren Zeiten: Es sind jeweils nur kleine Gruppen, die den Segen des Kindes in der Krippe bringen, auf die Nöte von Kindern weltweit aufmerksam machen und Spenden sammeln. Trotzdem: „Letztes Jahr konnten wir uns nur per Video sehen“, sagt die Präsidentin des Niedersächsischen Landtags, Gabriele Andretta: „Da ist es nur gut, wenn jetzt wieder Mädchen und Jungen als Königinnen und Könige ins Parlament kommen.“ Ministerpräsident Stephan Weil erinnert sich an die vielen Sternsinger, die die ganze große Treppe in der Staatskanzlei eingenommen haben: „Mit Gesang und guten Wünschen, dieser zumeist erste Termin im neuen Jahr gehört immer zu den schönsten.“ Auch aus dem Rathaus der Landeshauptstadt um Oberbürgermeister Belit Onay kam der Wunsch, doch wieder von den Sternsinger*innen besucht zu werden, um 2022 unter diesen besonderen Segen zu stellen.

Hl. Kreuz, Osnabrück, St. Nikolaus, Ankum und St. Barbara, Barnstorf: In diesem Jahr sind es zehn Sternsinger*innen aus dem Bistum Osnabrück, die zunächst in die Staatskanzlei und dann in den Landtag ziehen. Zwar kommt der Gesang aus dem mobilen Lautsprecher, doch sind ihre Hinweise umso eindrücklicher. Sie erinnern daran, dass immer noch die Hälfte der Weltbevölkerung keinen Zugang zu regelmäßiger Gesundheitsversorgung hat. Daher der Leitgedanke des diesjährigen Aktion: "Gesund werden – gesund bleiben. Ein Kinderrecht weltweit". Vor allem in Afrika sterben täglich Babys und Kleinkinder an Mangelernährung, Durchfall, Lungenentzündung, Malaria und anderen Krankheiten, die man vermeiden oder behandeln könnte. Und die Sternsinger*innenzeigen anhand der Beispiele der Aktion Dreikönigsingen auf, wie geholfen werden kann – sei es durch die Unterstützung von Kinderkliniken oder durch Gesundheitsprogramme an Schulen. 

"Wir haben hier in Deutschland so viel mit der Corona-Pandemie zu tun, dass wir vergessen haben, dass andere Regionen in der Welt noch viel mehr leiden“, betont Ministerpräsident Weil. Auch dafür sei er den Sternsinger*innen dankbar. Dieses Zeichen von Solidarität hebt auch Landtagspräsidentin Andretta hervor: „Ihr bringt Licht und Hoffnung – nicht nur für die Kinder, für die ihr Spenden sammelt, sondern auch zu den Menschen, die Ihr besucht.“ Das sei in diesen Zeiten umso wichtiger.

„Euer Einsatz ist beispielhaft“, betont auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay. Er wurde von sieben Mädchen und Jungen aus den Pfarreien St. Heinrich und St. Godehard besucht: „Es ist eine wunderbare Tradition, dass Kinder für andere Kinder Spenden einsammeln, um Notlagen zu mildern.“ Nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern quer durch die Region haben Sternsinger*innen Rathäuser besucht – zum Beispiel in Mellendorf, Gehrden, Altwarmbüchen, Wunstorf, Basinghausen, Garbsen, Burgwedel oder Seelze. Und auch am Flughafen Hannover-Langenhagen wurde der Segensspruch 20*C+M+B+22 (Christus Mansionem Benedicat = Christus segne dieses Haus) durch eine Gruppe aus der Liebfrauen-Gemeinde angebracht.

Im vergangenen Jahr konnten angesichts der Pandemie keine Hausbesuche stattfinden. Stattdessen haben die 23 katholischen Pfarrgemeinden mit ihren 60 Kirchorten in Stadt und Region Hannover neben Videobotschaften der Sternsinger und digitalen Sternsingerandachten vor allem auf Pakete gesetzt – mit einem Segens-Aufkleber, einem persönlichen Brief und auch mit dem einem oder anderen Lied oder Gebet. In diesem Jahr wurden Hausbesuche unter Infektionsschutzmaßnahmen zum Teil wieder aufgenommen, andere Gemeinden bleiben bei der Praxis über die Sternsinger kleine Päckchen zu verteilen. Die Aktion Dreikönigssingen läuft in diesem Jahr übrigens bis zum 2. Februar.

  • Hintergrund

Das Sternsingen geht auf eine Tradition zurück, die bis ins Mittelalter reicht. Als Könige gekleidet zogen Jungen durch die Gassen und spielten den Zug zur Krippe nach, wie er in der Bibel (hier ist von drei Weisen bzw. Magiern oder Sterndeutern aus dem Morgenland die Rede) geschildert wurde. 1959 hat das Kindermissionswerk diesen Brauch wieder aufgegriffen und veranstaltet (seit 1961 zusammen mit dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend – BDKJ) die „Aktion Dreikönigssingen“. Das Sternsingen gilt heute als die weltweit größte Hilfsaktion, bei der Kinder für andere Kinder sammeln, um Notlagen zu mildern. Bis 2020 (also vor der Corona-Pandemie) nahmen jährlich bundesweit um die 300.000 Kinder und Jugendliche teil. Rund 1,23 Milliarden Euro sammelten die Sternsinger seit dem Aktionsstart, mehr als 76.500 Projekte für benachteiligte Kinder in Afrika, Lateinamerika, Asien, Ozeanien und Osteuropa wurden in dieser Zeit unterstützt. 2021 waren im Bistum Hildesheim trotz Pandemie 126 Gemeinden und Gruppen digital oder „vor die Haustür legend“ aktiv und konnten 838.000 Euro sammeln.

Rüdiger Wala