Wenn Gott lebensrelevant wird

Freiluft-Gottesdienst vor der Basilika St. Clemens und Prozession durch die Calenberger Neustadt

Bunt, vielfältig – und gläubig: Es ist schon ein ungewöhnliches Bild, das die Katholikinnen und Katholiken zu Fronleichnam zeigen. Eine Prozession mitten in der Stadt. Mit Liedern und Gebeten in unterschiedlichen Sprachen, aus verschiedenen Kulturen. Weltkirche hautnah

Mit Weihrauch und Banner, mit Kommunionkindern und Malteserritter, mit Katholik*innen aus aller Herren Länder, mit Baldachin und dem Allerheiligsten in der Monstranz. Es ist Fronleichnam. Der Glauben geht. Auf der Straße. Sichtbar auf dem Platz und durch die Prozession, hörbar durch Schellen, Gesang, Gebete und einen auf 40 Köpfe angewachsenes Bläserensemble unter Leitung von Peter Erben.

Zuvor hat es schon viel Musik gegeben – auf dem Platz vor der Basilika St. Clemens. Beim Freiluftgottesdienst spielt neben dem Bläserchor eine siebenköpfige Projekt-Band aus der Pfarrei Hl. Engel (Hannover). Es singt ein Projektchor mit Mitgliedern aus verschiedenen Kirchenchören der Region unter Leitung von Regionalkantor Francesco Bernasconi.

Gebetet und aus der Bibel gelesen wird in Deutsch, Polnisch, Italienisch, Ukrainisch und Englisch. Und viel Spanisch – denn der Stationsaltar an der Neustädter Hof und Stadtkirche ist von der Spanischspachigen Katholischen Mission gestaltet.

Bunt, vielfältig, nicht zu überhören, mit mehr als 800 Katholik*innen nicht zu übersehen – und doch fragt Pfarrer Wolfgang Semmet, zurzeit Kommissarischer Regionaldechant der Katholischen Kirche in der Region Hannover in der Predigt: „Passt die Fronleichnamsprozession noch in unsere Zeit?“ Und weiter: „Hat sie noch einen Sitz, eine Bedeutung im Leben der Gläubigen.“ Semmet beantwortet die Frage für sich mit einem klaren Ja. Zwar sei der Glaube etwas Persönliches, aber es lasse sich nicht in den Kirchenraum einsperren: „Der Glaube umfasst unser ganzes Leben mit all seinen Dimensionen.“ Damit auch den öffentlichen Raum, die Straße.

Die Prozession soll vor allem eines aufzeigen: „Sie ist eine Bitte um den Segen Gottes“, sagt Semmet: „Wir ziehen nicht durch die Straße, um uns zu zeigen, sondern um den Herrn zu zeigen.“ Wenn die Monstranz, das Zeigegefäß mit der Hostie, vorbei an Wohnhäusern, an Stätten der Arbeit und der Freizeit getragen wird, werde Christus in alle Bereiche des Lebens getragen: „Damit er es segne.“

Auf diese Zusage vertrauen Christ*innen: „Gott ist bei uns alle Tage.“ Die Kirche mag nicht mehr systemrelevant sein, meint Semmet: „Aber Gott ist lebensrelevant.“ Der Glaube biete ein Hoffnungspotential. Und daher müsse der Kirchraum verlassen werden. Um zu zeigen, dass es diese Hoffnung gibt.

  • Mitwirkende Missionen und Kirchengemeinden: Spanischsprachige Katholische Mission | Polnische Katholische Mission | Italienische Katholische Mission | Ukrainische griechisch-katholische Gemeinde St. Wolodymyr (Misburg) | St. Augustinus (Ricklingen) mit St. Johannes Bosco und St. Maria | St. Bernward (Döhren) mit St. Michael und St. Eugenius | St. Godehard (Linden) mit St. Benno, St. Maria Trost und Christ-König | St. Heinrich (Südstadt) mit St. Elisabeth und der Propstei St. Clemens | St. Joseph (Vahrenwald/List) | St. Maria (Hannover-Nord) mit St. Hedwig, St. Adalbert und St. Christophorus | St. Maximilian-Kolbe (Mühlenberg) mit Hl. Familie und St. Thomas Morus | Zu den heiligen Engeln (Kirchrode)

Rüdiger Wala